So kräftigen Kinder ihr Selbstbewusstsein: Fußball als Heilmittel?
„Wilde Stunde“ | |
Thomas Nüsse | |
Telefon: | 01 76/10 32 25 16 |
Website: | www.angst-los.com |
Beliebte „Wilde Stunde“
Stand: September 2021
Wilde Stunden sind der Renner in Blankenfelde.
Der Andrang ist so groß, dass viele der kleinen Möchtegern-Wilden gegen ihren Willen gar nicht so richtig wild sein können!
„Wir würden unsere Wilden Stunden viel öfter veranstalten wollen, allerdings mangelt es an örtlichen Möglichkeiten. Momentan können wir die Sporthalle an der Rembrandtstraße 56 gerade mal einmal im Monat nutzen. Das ist jeweils am Dienstag von 16 bis 17 Uhr. Dann können sich hier normalerweise 48 Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren unter Aufsicht von lizenzierten Trainern und Sportlehrern austoben. Es geht darum, dass sie mit Übungen wie Klettern, Laufen oder Ballspielen Geschick entwickeln, das sie vor Unfällen bewahrt. Zugleich gewinnen sie Selbstbewusstsein, um angstlos mit anderen umzugehen. Das beugt Aggressionen vor“, so Thomas Nüsse. Ihm ist dies so wichtig, dass
er einen „Angstlos“-Verein gegründet hat, unter dessen
Ägide die „Wilde Stunde“ stattfindet.
Gerechtigkeitsfanatiker
Der Blankenfelder Familienvater engagiert sich so sehr, weil er erlebt hat, wie sich eine Stadt durch fehlgeleitete Jugendliche verändern kann.
Er stammt aus Lingen an der Ems im beschaulichen Niedersachsen. „Ich bin sehr konservativ erzogen worden und war schon immer ein Gerechtigkeitsfanatiker. Deshalb stand für mich bereits als Kind fest, dass ich Polizist werden möchte.“
In Berlin gehörte unter anderem der Bahnhof Zoo zu seinem Einzugsbereich.
Er erlebte Babystrich, jugendliche Drogensüchtige und wie Ende der 1980-er Jahre eine Entwicklung begann, die vormals eher harmlose Kiffer zu brandgefährlichen Dealern werden ließ. „Es schwappte das zu uns herüber, was man vorher nur aus den USA kannte. Jugendliche bildeten Gangs, die ‚ihre‘ Stadtteile mit Gewalt gegen Konkurrenten verteidigten. Damals war der US-Film ‚Colors – Farben der Gewalt‘ Kult bei vielen Jugendlichen. Sie nahmen die dort dargestellten Gangs als Vorbild zum Nachahmen. Ich erlebte dann in der Folge, wie sich arabischstämmige Familienclans ausbreiteten. Die Polizei war gegen diese Entwicklungen weitgehend unvorbereitet und machtlos.
Wir wollten mit Aufklärungsarbeit dagegen ankämpfen. Das war ursprünglich Aufgabe der Kontaktbeamten, die
dafür aber nicht ausgebildet waren. Es wurde eine Spezialdienststelle ‚Jugendgruppengewalt‘ in Berlin gegründet. Ich war von Anfang an dabei. Diese Einrichtung war modellhaft in der Bundesrepublik. Allerdings war die Personalausstattung ungenügend. Später wurden Stellen für Präventionsbeauftragte geschaffen. Ich war allein für 13 Schulen zuständig“, gibt Thomas Nüsse einen Rückblick.
Hertha und Union
„Jugendliche kommen meist irgendwann an eine Weggabelung, wo sie die richtige Entscheidung treffen müssen. Ansonsten geht es schief“, hat er erlebt. Wichtig ist ihm,
dass Heranwachsende und Eltern Gefahren erkennen und darauf reagieren.
„Selbstbewusstsein bewahrt vor Gefährdung“, macht er weiter aufmerksam. Zudem will er „Zusammenhalt im Guten“ erleben lassen.
„Dazu machen wir Feriencamps, in denen die Kenntnisse aus der früheren Fußballschule einfließen“, nennt er ein Beispiel.
Sohn Dennis Nüsse, 22, wirkt als Lizenztrainer. Er spielte in der Junioren-Bundesliga, erst
bei Hertha BSC und dann beim 1. FC Union. Dennoch
verzichtete er darauf, Profi
zu werden. „Er studiert jetzt
Mathematik und Sport fürs Lehramt“, freut sich der
Vater, dass er seine eigene pädagogische Ader an den Sohn weitergeben konnte.
Gegen Fehlentwicklung
Diese übt Thomas Nüsse auf Wunsch in Elternseminaren aus, kommt in Schulen, wenn Mobbing-Probleme abgebaut werden sollen, oder steht mit telefonischem Rat zur Seite, wenn Jugendliche mit dem Gesetz in Konflikt geraten: „Einer Vorladung zur Polizei sollte in diesen Fällen immer Folge geleistet werden. Denn bei Minderjährigen steht
der erzieherische Aspekt im Vordergrund. Es wird also versucht werden, Wege zu finden, die vor späterer Straffälligkeit bewahren“, gibt der erfahrene Polizist einen wichtigen Rat.
„Im Zweifelsfall kann man bei mir anrufen, ich stehe gerne als Bindeglied zwischen Bürger und Behörde zur Verfügung“, erklärt der Blankenfelder, der vor 17 Jahren zusammen mit Ehefrau Tanja Nüsse den Berliner Ortsteil Rudow gegen das Eigenheim wenige Meter weiter getauscht hatte. Dort angekommen, ließ er übrigens erst mal der sportlichen Leidenschaft freien Lauf. Er engagierte sich bis zur Fusion mit dem FC Preußen Mahlow im Vorstand vom BSC Blankenfelde. Nun ist Thomas Nüsse auf Dauersuche nach Sportmöglichkeiten für die jungen Bewohner der aufstrebenden Gemeinde: „Wir könnten mehrmals die Woche die
Wilde Stunde durchführen und diese auf Kinder ab sechs Jahre erweitern. Es gibt viele Anfragen“, appelliert er an die Hallenverantwortlichen.